Montag, 29. Mai 2006

"Chefgrüßer" oder wie man die Kinderstube an der Garderobe abgibt...

Es gibt Menschen, die begegnen sich im alltäglichen Zusammenleben. Zumindest gerüchteweise soll dies so sein - hab ich jedenfalls gehört. Also: Menschliche Lebewesen, die nicht separiert alleine im eigenen Auto zur Arbeit fahren, die nicht im Privataufzug ins Büro emporsteigen und die doch tatsächlich in Geschäften einkaufen, wo es noch menschliches Personal gibt. Selbst bei der täglichen Arbeit soll es noch Menschen geben, die mit ihresgleichen verbal und nonverbal kommunizieren (müssen). Gerüchteweise zumindest soll dies noch vorkommen!

Doch kommunizieren ist noch lang nicht gleich kommunizieren. Das heißt, es wirft sich die Frage auf, ob und auch wie kommunziere ich mit meinem Gegenüber! Da treffe ich doch regelmäßig Kollegen, die mich offenbar erst nach Eintritt ins Bürogebäude zu kennen scheinen. Wenn überhaupt. Obwohl wir uns zumindest vom täglichen Sehen kennen. Selbst wenn man zusammen im Aufzug steht, gibt es Kollegen, die es nicht für nötig erachten, wenigstens zu grüßen. Besonders aufgefallen ist mir dieses Phänomen übrigens bei externen Beratern (zu deren Spezies ich ja auch mal gehörte), die bei uns im Haus sind. Sollte hier nicht im Besonderen der Anstand gegenüber dem Kunden gewahrt werden?
Mir ist hier ein Fall im Kopf von einer externen Kollegin, mit der ich über Monate hinweg zusammen in der U-Bahn fuhr. Genauso wie ich sie vom sehen her kannte, wußte sie mich offensichtlich auch zu zuordnen. Offensichtlich deshalb, weil ich sie irgendwann morgens grüßte, sie dies aber einfach ignorierte. Dies wurde zur grundsätzlichen Situation, bis ich irgendwann meine morgendlichen Grüße aus Resignation einstellte. Weil ihr diese Situation so unangenehm war, ging sie mir fortan aus dem Weg - stieg am anderen Ende des Zuges ein, beeilte sich oder ließ mir den Vortritt, nur um nicht in die für Sie offenbar unangenehme Situation zu kommen, mich grüßen zu müssen...

Anstand, Respekt und Höflichkeit: Was ist das überhaupt? Mein Eindruck ist, daß eine Mehrheit in unserer Bevölkerung scheinbar mit diesen Begriffen nichts mehr anzufangen weiß. Sind das mittlerweile nur noch Sekundär- oder gar Tertiärtugenden? Für mich sind dies christliche Grundwerte. Gehört es nicht zur Selbstverständlichkeit, daß mein Gegenüber zumindest gegrüßt wird, wenn ich mich mit ihm in einer räumlichen Beziehung befinde? Welche Kinderstube haben diese Leute genossen? Vermutlich garkeine! Vielleicht kann man diesen Menschen persönlich garkeinen Vorwurf machen, wenn denn die Grundsätze menschlichen Miteinanders in der Kindheit nicht vermittelt wurden und sie es einfach nicht anders kennen. Trotzdem finde ich es sehr bedauerlich, daß dieser Umstand immer weitere Kreise zu ziehen scheint!

Eine "pervertierte", weiterentwickelte Form des Nicht-Benehmens ist meines Erachtens die "Chef-Grüßer-Mentalität", die sich auch immer wieder beobachten läßt. Will meinen: Man selektiert genau wen man grüßt. Dieses qualitative Filterkriterium scheint bei etlichen Mitmenschen, gerade im Büroalltag, das Maß aller Dinge zu sein. Der Filter sortiert also den Gegenüber in Gutmensch und Schlechtmensch - oder zumindest in "mir wichtig" und "mir unwichtig". Oder anders ausgedrückt in "kann mir noch nutzen" oder "ist zu unwichtig, um mir noch nutzen zu können". Dies drückt in meinen Augen nur noch die innere Verarmung unserer Gesellschaft aus. Oder ist es ein Indiz für die zunehmenden Zwänge unserer leistungsorientierten Gesellschaft?

Wie dem auch sei: Ich versuche, die Putzfrau, die meinen Papierkorb leert, den Zeitungsverkäufer auf der Straße, die Männer von der Müllabfuhr, die meinen Müll abholen, genauso respektvoll zu behandeln, wie ich es von ihnen erwarte. Jeder hat seine Aufgabe und trägt mit seiner Arbeit zum Funktionieren unserer Gesellschaft bei. Diese Menschen haben auch Platz in unserem Gemeinwesen und verdienen unseren Respekt und unseren Dank für Ihren Beitrag.

Es grüßt Euch respektvoll, Euer M@tze.

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